Herr Schmidt und der Endstufeneber

Das Thema Massentierhaltung und Billigfleisch kommt im aktuellen Programm unserer Show (neuer Trailer) nicht vor. Daher jetzt hier ein Wort dazu. Eines vorweg: Es gibt am Ende sogar gute Nachrichten.

Zunächst ein Zitat aus dem Branchen-Magazin agrar heute:

„Als das weltweit innovativste Unternehmen in der Schweinezucht bringen wir Ihnen den TN Tempo Endstufeneber. Der TN Tempo ist die Nummer 1 der robusten Eber. Seine robuste Art sorgt für eine hohe Anzahl lebendgeborener Ferkel und weniger Verluste. Die hohen Zunahmen sorgen außerdem für einen schnellen Durchsatz im Stall. (…) Infolgedessen ist das genetische Überlebenspotential auch unter gesundheitlich problematischen Bedingungen erheblich gestiegen.“

„Gesundheitlich problematische Bedingungen“? Könnte man nicht einfach die Bedingungen verbessern, anstatt Tiere für ungesunde Bedingungen zu züchten? Klar, aber das wäre halt teurer.

Aber egal, halten wir erstmal „gesundheitlich problematische Bedingungen“ fest und schalten um zu Twitter. Dort finden wir einen Tweet zum „Fleischatlas“, einer Publikation, die sich kritisch mit der Massentierhaltung auseinandersetzt. Ein mittelalter deutscher Wohlstandsbürger antwortet: „Ich lass mir doch von euch nicht mein Fleisch verbieten!“ Von Verbot war gar keine Rede. Trotzdem hat der Mann, nennen wir ihn mal Herrn Schmidt, den Braten gerochen. Es steht also das „Verbot“ im Raum.

Hören wir jetzt mal bei einer Pressekonferenz rein. Im Sommer 2021 gibt es mal wieder einen Skandal bei Tönnies. Der damalige Ministerpräsident von NRW und Kanzlerkandidat der Union Armin Laschet sagt dazu folgendes:

„Es gibt keine Zusammenarbeit mit Herrn Tönnies, sondern es wird jetzt nach ordnungsbehördlichem Verhalten entschieden. Die Zeit, dass man da kooperiert – das möglicherweise mal in der Vergangenheit der Fall gewesen sein mag – ist vorbei. Hier wird jetzt streng nach Recht und Gesetz verfahren.“

Wann immer Herr Tönnies also in der Vergangenheit den Arm des Gesetzes hätte spüren müssen, wurde in solchen Fällen bislang „kooperiert“. Sprich: ein Auge zugedrückt. Oder zwei. Das gibt Armin Laschet offen zu. Erstaunlich. Im Dezember 2021 sendet Sat 1 die Dokumentation „Inside Tönnies“. Ein Zitat aus der Beschreibung in der Mediathek: „Verdeckte Recherchen zeigen Mietwucher, Einschüchterung und Ausbeutung im System von Fleisch-Milliardär Clemens Tönnies. Deutschlands größte Schlachtfabrik steht wie kaum ein anderer Betrieb für miserable Lohn- und Lebensbedingungen.“

Und damit zurück zu Herrn Schmidt, für den wir jetzt eine kleine Überraschung parat haben: Man kann ihm sein Fleisch gar nicht verbieten, denn es ist sowieso längst verboten. Zustände wie in der deutschen Fleischindustrie dürfte es gar nicht geben. Aber es wird eben „kooperiert“. Und als Ergebnis kann man immer wieder Sätze wie diesen in der Zeitung lesen:

„Die Konsumenten sind nicht bereit, für Fleisch wesentlich mehr zu bezahlen oder darauf zu verzichten.“

Aber sind unser Herr Schmidt, der sich sein verbotenes Fleisch nicht verbieten lassen will, und die anonymen Konsumenten aus der Zeitung wirklich repräsentativ für die Deutschen?

Dazu ein paar Schlagzeilen:
Rügenwalder Mühle macht erstmals mehr Umsatz mit Fleischersatzprodukten als mit Wurst.“
„Aus für Currywurst in VW-Kantine: Resonanz ist durchweg positiv.“
Aldi Nord und Süd planen, das Sortiment für mehr Tierwohl umzustrukturieren. Billigfleisch soll ab 2025 aus der Kühltheke verschwinden.
„Dazu seien die Kunden bereit, heißt es von beiden Unternehmen.“

Außer dem einen oder anderen Herrn Schmidt sind Kunden und Unternehmen dazu bereit! Man darf also ein bisschen hoffen, dass die illegale Billigfleischproduktion langfristig an nachlassender Nachfrage scheitert – egal, wie viele Augen die Politik da zudrückt. Schlechte Nachrichten für den Endstufeneber.

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